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Wir freuen uns, wenn wir ihn wieder nutzen dürfen: Der Malort

Die Gedanken kreisen in meinem Kopf. Ich steige aus dem Auto und gehe auf das Hauptgebäude der Fachakademie zu. Es regnet, der Himmel ist grau. Ich betrete den Malort. Ziehe mir meinen Malkittel an. Wir nehmen die Glasschälchen von den Farben und hängen unsere Blätter an die Wand. Die bunten Wände ohne Fenster wirken inspirierend, beruhigend, ja fast hypnotisch auf mich. „Welten entstanden in ihnen – grenzenlos, dem Sehnen nach Unendlichkeit angemessen, das sich nur in diesem Geborgensein ausleben kann…“ Ohne darüber nachzudenken male ich darauf los. Was mir gerade gefällt. Was mir in den Sinn kommt. Was mich gerade beschäftigt und berührt. Und da steht niemand hinter mir und schaut mir mit kritisch bewertendem Blick über die Schulter. Ich tunke den Pinsel wieder in Farbe. Ziehe meine Spur über das Papier. Kein Lob. Mein Blatt füllt sich langsam mit Farbe. Keine Kritik. Die bunten Linien auf dem Papier nehmen langsam Gestalt an. Keine Bewertung. Es ist still in dem kleinen Raum. Niemand redet. All meine Mitstudierenden sind wie ich ganz eingetaucht in das Malspiel. In sich gekehrt. Jeder malt für sich ohne darauf zu achten, was die Person neben einem aufs Papier bringt. „Hier ist nichts so wie anderswo, wo man Erfolg haben muss, wo man etwas erreichen muss. Hier erlebt man etwas.“ Ohne sich darum kümmern zu müssen, was aus den Spuren entsteht, die wir auf unsere Blätter ziehen. Es zählt das Erlebnis, nicht das Ergebnis. Und während ich da so stehe, noch etwas müde und verschlafen, bemerke ich, wie es langsam still wird. Still wird in mir. „Der Malort ist ein fremdes Land – ein Traumland.“ Meine Gedanken bleiben stehen. Haben aufgehört zu kreisen. Ich bemerke, wie ich langsam zur Ruhe komme. Wie sich, vergleichbar mit einer Meditation, alles auf einmal ganz leicht anfühlt. Leicht und unbedeutend. Die Stimmen und Gedanken über Klausuren, Referate, Noten und Abgabetermine in meinem Kopf verstummen. „Der Malort ist ein abgesondertes Territorium, ein Ort in den nichts von der Außenwelt eindringt und aus dem auch nichts in die Außenwelt getragen wird.“ Mein Kopf wird leer. Ich hebe den Blick und sehe, wie meine Mitspielerinnen, ganz vertieft und ohne auf mich zu achten, malen. Spuren über ihre Blätter ziehen. Mein Blick wandert wieder zu meinem eigenen Papier. Während ich ganz leicht und unbeschwert meinen Pinsel wieder in die Farbe tauche und erneut am Blatt ansetzte, spüre ich eine tiefe innere Erleichterung. Wie als wäre mir gerade eine schwere Last von meinen Schultern genommen worden. Ich versuche dieses Gefühl festzuhalten und die Ruhe dieses Raumes auf mich selbst zu übertragen. Die Gelassenheit. Die Freiheit. Die Geborgenheit. Während ich da so stehe und spiele, unbeschwert wie ein Kind, spüre ich, wie es sich anfühlt, frei zu sein. „…Und er unterscheidet zwischen Freiheit und Zügellosigkeit.“ Meine Gedanken fließen. Wie die sanften Wellen im Meer am Morgen nach einem starken Sturm. So befreit fühle ich mich. So beruhigt. So vollkommen. Und lasse mich voll und ganz auf den Malort ein. Gebe mich mit all meinen Sinnen, all meinem Sein, all meinen Gedanken und Gefühlen, dem Malspiel hin. „Die Kunst des Malens gehört zu den Künstlern, während das Malspiel allen anderen gehört.“ Die Gedanken kreisen nicht mehr.

– Wie ich den Malort erlebte.

Ein Erfahrungsbericht von Janina März, E2_Cb

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